Dekanat Bergstraße

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Bergstraße zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

AngeboteÜbersicht
Menümobile menu

Debatte um Wohnungsnot an der Bergstraße

Bezahlbarer Wohnraum? Die Politik ist gefordert

bbiew

Der Markt allein wird es nicht richten. Um ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sind in der Region Bergstraße Neubauten auf Flächen erforderlich, die unter dem aktuellen Marktwert veräußert werden. Das war der Tenor einer Diskussionsveranstaltung, zu der das Evangelische Dekanat Bergstraße Fachleute aus Politik, Diakonie und der Wohnungswirtschaft ins Heppenheimer Haus der Kirche eingeladen hatte.

Bildergalerie

Der  Wohnungsmangel treffe nicht allein Nicht- oder Geringverdiener, sondern inzwischen auch die Breite der Gesellschaft, betonte die Leiterin des Diakonischen Werks Bergstraße, Irene Finger. Nach ihren Angaben fragen 70 Prozent der beim Diakonischen Werk in die Beratung kommenden Menschen nach bezahlbarem Wohnraum. Finger berichtete von einer 25jährigen, berufstätigen  Frau, die in einer Trennungssituation lebe, aber zwangsweise mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten noch zusammenwohnen müsse, weil sie für ihr Einkommen keine passende Wohnung finde. „Eine 61jährige Rentnerin, die auf eine behindertengerechte Wohnung angewiesen sei, finde keinen entsprechenden, bezahlbaren Wohnraum und habe jetzt ein Nachtlager“ im Wohnzimmer der Familie ihres Sohnes mit fünf Kindern“ berichtete Finger. Zwei von vielen Fallbeispielen, mit denen die Leiterin des Diakonischen Werks die Misere am Wohnungsmarkt beleuchtete.

"Mit flacher Hand in die Quarkschüssel"

Frank Hillerich vom Zentrum der Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werks sprach von einer Mietwohnungslücke, die immer größer geworden sei. Bis zum kommenden Jahr würden im Kreis Bergstraße1400 neue Wohnungen benötigt. Allein in Bensheim müssten pro Jahr etwa 140 Wohnungen neu gebaut werden, um die Nachfrage zu erfüllen. „Wir könnten sofort für 100 Millionen Euro bauen“, erklärte Gernot Jakobi von der Wohnbau Bergstraße, die 2200 Wohnungen zum durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 4,70  vermietet. „Doch wir können nicht bauen, weil wir keine bezahlbaren Grundtücke finden, auf denen bezahlbarer Wohnraum entstehen kann. Da muss man doch mit flacher Hand in die Quarkschüssel  hauen“, erregte sich Jakobi. Er sprach von „falschen Anreizen der Politik“. Die staatlichen Förderprogramme müssten der Realität angepasst werden. Jakobi forderte eine Rückbesinnung auf den Wohnungsbau nach dem 2. Weltkrieg, als die Kommunen preisgünstige Baugrundstücke zur Verfügung stellten.

Leidensdruck wird größer

Ulrich Ritter vom Mieterbund Darmstadt-Region Südhessen, der nach eigenen Angaben  13.000 Mitglieder vertritt, kritisierte, dass der soziale Wohnungsbau seit den 90er Jahren praktisch gegen Null gefahren wurde. Dies zeige, dass nicht die Flüchtlinge den Mangel an bezahlbaren Wohnraum verursacht hätten. Durch sie werde das Problem allenfalls verschärft.  „Noch 2006 hat die hessische Landesregierung von einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt gesprochen. Welch ein Blödsinn!“, sagte Ritter. Er sprach sich dafür aus, dass der Bund die Kommunen finanziell so ausstatten müsse, dass sie ihre Aufgaben in der Wohnungsentwicklung auch wahrnehmen könne. Der Architekt Florian Lang, der in Südhessen Projekte für preisgünstigen Wohnraum entwickelt, sprach von horrenden Grundstückspreisen. Der Leidensdruck sei inzwischen so groß, dass die Kommunen „da rangehen“ und sich in Neubaugebieten Belegungsrechte für preisgünstigen Wohnraum sichern müssten. Einen nennenswerten Wohnungsleerstand gebe es vielerorts nicht mehr.

Zweigeteilter Wohnungsmarkt

Der Bergsträßer Kreisbeigeordnete Karsten Krug erläuterte, dass der Landkreis keine „originäre Zuständigkeit“ für den Wohnungsbau habe. Die CDU-SPD-Koalition im Kreistag habe sich aber verpflichtet, Städte und Gemeinden bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen. Die Kommunen seien Grundstückseigentümer und damit für die Grundstücksentwicklung zuständig. Die Geschäftsführerin der SPD-Kreistagsfraktion, Petra Thaidigsmann machte darauf aufmerksam, dass der Wohnungsmarkt im Landkreis zweigeteilt sei. In der Boom-Regionen entlang der Autobahnen A 5 und A 67 herrsche Wohnungsmangel, in vielen Orten des Bergsträßer Odenwalds gebe es dagegen freie, bezahlbare Wohnungen. „Ein natürlicher Verbündeter für bezahlbaren Wohnraum ist ein guter und preisgünstiger ÖPNV. Dann muss man sich nur in Bus setzen, um schnell zu seiner bezahlbaren Wohnung zu kommen“, so Thaidigsmann. Die Ausländerbeauftragte der Kreises Bergstraße, Brigitte Paddenberg regte an, nach dem Muster der Lehrlingswohnheime in den 60er Jahren wieder Wohnraum für junge Menschen zu schaffen, die sich in Ausbildung befinden.

Die Veranstaltung „Bezahlbarer Wohnraum für alle?“ wurde von Dekan Arno Kreh und Pfarrer Joachim Dietermann moderiert. Sie war Teil der Reihe „Glauben-Leben- Fragen“, mit der das Evangelische Dekanat das Gespräch mit engagierten Christen und Verantwortungsträgern aus Kirche und Gesellschaft sucht. Bei der nächsten Veranstaltung am 1. Dezember in der Nibelungenhalle von Gras-Ellenbach geht es um die „Perspektiven für den ländlichen  Raum“, an der unter anderem der Bergsträßer Landrat Christan Engelhardt mitwirken wird.

Ihre Meinung ist gefragt

Keine Kommentare

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top