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Flucht damals und heute

Fremde. Heimat im Gespräch

HSSEine Ausstellung sorgt für Gesprächsstoff - Fremde. Heimat" in Gernsheim

Zu einem Gesprächsabend über die vom Evangelischen Dekanat Bergstraße konzipierte Ausstellung „Fremde. Heimat“ haben der Bund der Vertriebenen, das Evangelische Dekanat Ried, das CaritasNetzwerk Gernsheim und die Bürgerstiftung Gernsheim ins Peter-Schöffer-Haus nach Gernsheim eingeladen. Dabei kamen unter anderem ein Geflüchteter aus Äthiopien und - als Zeuge einer anderen Flucht-Zeit - ein deutscher Heimatvertriebener zu Wort.

HSSDie Teilnehmer/innen des Gesprächsabends: v.l.n.r.: Helmut Brandl (Sudetendeutscher, Stockstadt), Christel Lottermann (Ehrenamtliche, Hofheim), Hans-Josef Becker (Bund der Vertriebenen, Bürgerstiftung), Adamu Mamo Kebede (Äthiopien), Liselotte Schade (Ehrenamtliche, Gernsheim), Christine Müller (CaritasNetzwerk Gernsheim), Heike Kissel (Ev. Dekanat Ried)

     Von Heidi Schließer-Sekulla

Adamu Mamo Kebede fragte in einem seiner Gedichte: „Warum bin ich heimatlos? Warum bin ich Flüchtling? Was war meine Heimat? Und was ist sie heute?“ Der 33-Jährige Flüchtling, der seit drei Jahren in Gernsheim wohnt, schreibt über seine verlorene Heimat in Äthiopien, um seine Fluchterlebnisse zu verarbeiten.

Zu dem Gesprächsabend ist auch Liselotte Schade gekommen. Sie hat Adamu Mamo Kebede bei einem Spielenachmittag kennen gelernt: „Er hat mich gefragt, ob ich ihm bei seinen Deutschhausaufgaben helfen kann. So ging es los.“ Seitdem treffen sie sich regelmäßig. Wenn ihm der deutsche Wortschatz fehlt, sprechen sie englisch. Sie reden über ihre unterschiedlichen Kulturen und den christlichen Glauben. Adamu Mamo Kebede nennt sie liebevoll „Mutter“. Sie sagt: „Es ist mir ein weiterer Sohn geschenkt worden - ganz ohne Geburtsschmerz.“ Liselotte Schade hat selbst Fluchterfahrung und dreieinhalb Jahre ihrer Kindheit in einem Flüchtlingslager gelebt. „Adamu ist heute wieder fröhlich. Gott sei Dank“, betont sie.

Kein sicheres Herkunftsland

Bewegt schildert Eva Roth aus Erfelden die Arbeit des „Freundeskreis Flüchtlinge in Riedstadt“. Bereits 2014 hat sich dort auf Initiative des dortigen Pfarrers Jürgen Bode eine Gruppe Ehrenamtlicher aus dem kirchlichen und gemeindlichen Kontext auf den Weg gemacht, um Flüchtlinge zu begleiten. Eva Roth gibt Deutschunterricht und leistet praktische Alltagshilfe. „Dass Afghanistan als sogenanntes sicheres Herkunftsland bezeichnet wird und Menschen die von dort geflohen sind, wieder dorthin abgeschoben werden, kann ich nicht nachvollziehen“, so Roth. Aktuell unterstützt sie eine afghanische Familie bei der rechtlichen Prüfung einer drohenden Abschiebung und setzt sich dafür ein, dass sie bleiben kann.

Immer wieder vermitteln

Christel Lottermann erzählt an diesem Abend von der Situation in Hofheim. Mit zwei weiteren ehrenamtlichen Frauen hat sie versucht, die Bedingungen der Unterbringung zu verbessern. Der nächste Schritt war die Organisation der Sprachkurse: „Das ist die schwierigste Hürde.“ Die ehrenamtlichen Frauen begleiten die Flüchtlinge bei Arztbesuchen und helfen im Alltag. „Es ist ein Geschenk, dass wir mithelfen können“, beschreibt Lottermann ihr Engagement. Trotz der vielen positiven Erlebnisse berichtet sie auch von kulturellen Unterschieden, die unter anderem die Rolle der Frau und die Gleichberechtigung betreffen. Sie verschweigt auch nicht, dass es einige Menschen gibt, die ihr Engagement weniger verstehen. „Eine der wichtigsten Aufgaben in der heutigen Zeit ist es, nicht müde zu werden und immer wieder zu vermitteln“, appelliert Lottermann an die Zuhörerschaft.

Willkommen sein

Der Stockstädter Helmut Brandl spricht über die Vertreibung seiner Familie aus dem Sudetenland 1946. Bewegt schildert er den Weg und die Bedingungen der Vertreibung nach Kupferberg in der Oberpfalz. Auch er habe erfahren, wie sehr Menschen, die auf der Flucht sind, darauf angewiesen sind, willkommen geheißen zu werden. So war der damalig sechsjährige in seiner neuen Heimat oft mit Häme und Argwohn konfrontiert: „Schläge waren nach der Schule auf dem Nachhauseweg nichts Außergewöhnliches. Oft nahmen wir, um der Situation zu entgehen, große Umwege in Kauf.“

Gegen Stammtischgeschwätz

Hans-Josef Becker vom Bund der Vertriebenen erinnert die etwa 60 Gäste des Gesprächsabends daran, dass es in 2016 nach Angaben des Bundesinnenministeriums 988 Angriffe auf Flüchtlingsheime gab. Darüber hinaus wurden 217 Mal Hilfsorganisationen oder freiwillige Asyl-Helfer attackiert. „Man darf der Politik der Kanzlerin und der Bundesregierung kritisch gegenüber stehen. Aber nicht mit einer Aufgeputschtheit, einem blindwütigen Stammtischgeschwätz, das Fakten bewusst verdreht und an der Wirklichkeit nicht mehr interessiert ist“, so Becker.

Der Abend machte deutlich, Integration braucht Zeit und Raum. Beides bot der Abend allen Beteiligten.

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