Gottesdienst mit Empfang zum neuen Kirchenjahr
Predigt über die „Grammatik der Liebe“ macht Mut
© Michael RänkerDer Gottesdienst mit Empfang zum neuen Kirchenjahr fand im gut besuchten Gotteshaus der Heppenheimer Christuskirchengemeinde statt.04.12.2023 mr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, unter diesem Bibelwort aus dem 1. Korintherbrief (Kapitel 16, Vers 14) - es handelt sich um die Jahreslosung für 2024 - stand der Gottesdienst mit Empfang zum neuen Kirchenjahr, zu dem das Evangelische Dekanat Bergstraße am Samstagabend in die Kreisstadt Heppenheim eingeladen hatte. Im gut besuchten Gotteshaus der Christuskirchengemeinde predigte Pfarrer Stephan Arras, Propst der Evangelischen Propstei Starkenburg, über das besagte Leitmotiv fürs neue Jahr, das alljährlich von der „Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen“ festgelegt wird.
Der Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ wohne „ein mächtiger Anspruch“ inne, so Stephan Arras: „Alles in Liebe zu tun, das schaffen wir nicht.“ Angesichts dieser „Überforderung“ sei es jedoch wichtig, nicht zu kapitulieren, sondern sich mit der Frage zu beschäftigen: „Woher soll ich die Kraft nehmen?“ Eine Antwort darauf biete eben jener Korintherbrief, dort sei im 13. Kapitel - vielen Menschen auch als das „Hohelied der Liebe“ bekannt - sozusagen die „Grammatik der Liebe“ zu finden.
Stärkung und Wegbegleitung
Der Theologe zog dazu eine mittelalterliche Bibel-Übersetzung zu Rate, in der es heißt: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“ In moderneren Übersetzungen heißt es im Gegensatz dazu „…und hätte die Liebe nicht…“. Prediger Stephan Arras favorisiert indes die Formulierung „der Liebe“, weil sie durch die Wahl des Artikels „der“ statt „die“ ausdrücke, „dass ich Anteil an der Liebe Gottes habe, die uns von ihm geschenkt wird, sie aber nicht vollständig besitze“. Denn immer dann, wenn man der Überzeugung sei, „die Liebe“ zu besitzen, könne sie nicht gelingen. Aus dieser Erkenntnis erwachse gleichermaßen auch der Trost, nicht an der Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, zu verzweifeln, sondern sie als Stärkung und Wegbegleitung durchs das neue Jahr zu empfinden.
An den stimmungsvollen Gottesdienst am Vorabend des ersten Advent, den Propst Stephan Arras gemeinsam mit Präses Ute Gölz (Lesung) und Dekan Arno Kreh (Liturgie) sowie Dekanatskantorin Han Kyoung Park-Oelert an der Orgel gestaltete, schlossen sich Grußworte von Landrat Christian Engelhardt für den Kreis Bergstraße und Thomas Meurer, Leitender Pfarrer des Katholischen Pastoralraumes Heppenheim, an.
Kirchen als wichtige Partner
Kommunalpolitiker Engelhardt machte keinen Hehl aus seiner Sorge und seiner Angst, „dass wir in einer zunehmend gestressten Gesellschaft leben“. Krise reihe sich an Krise „und alles, was passiert, das betrifft uns auch ganz unmittelbar“. Als Politiker habe er die Aufgabe, „zu steuern, zu lenken, zu ordnen“, doch angesichts der „multiplen Krisen“ müsse er bekennen: „Ich habe keine Lösungen.“ Als Beispiele für drängende Herausforderungen nannte der Landrat die Unterbringung von geflüchteten Menschen, den anhaltenden Fachkräftemangel oder den wachsenden Antisemitismus sowie die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich. Engelhardt: „Die Gesellschaft driftet immer weiter auseinander.“
Den Kirchen misst der Kommunalpolitiker vor diesem Hintergrund „eine entscheidende Rolle als Werte-Träger“ bei: „Mit ihrem christlichen Menschenbild sind die Kirchen für mich im Kreis Bergstraße wichtige Partner in diesen herausfordernden Zeiten“. Und er bleibe trotz Ängsten und Sorgen ein „optimistischer Mensch“: „Wir können das bewältigen!“ Gemeinsame Aufgabe von Politik und Kirche sei es, „den Menschen zu zeigen, dass sie nicht alleine gelassen werden“.
"Wir haben eine Botschaft"
Den Blick auf die angesichts nicht enden wollender Austritte ernüchternde Situation der Kirchen richtete Thomas Meurer: „Machen wir uns nichts vor: Wir stehen vor einer drastischen Reduzierung unserer Ressourcen“, so der Leitende Pfarrer des Katholischen Pastoralraumes Heppenheim. Das habe die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), an der erstmals auch die Katholische Kirche „als Juniorpartner“ teilgenommen hat, „schonungslos vor Augen geführt“. Meurer: „Wir müssen uns als Kirchen fragen, wer wir in einer säkularen Welt sind und sein wollen.“ Statt jedoch „Rückzugsgefechte zu kämpfen, um zu retten, was noch zu retten ist“, müsse es vielmehr Aufgabe der Kirchen sein, „sich nicht schmollend zurückzuziehen und sich abzuschotten – wir haben schließlich noch eine Botschaft.“
Gottesdienst und Grußworte mündeten am Samstagabend in einen Empfang im Gemeindehaus der Evangelischen Christuskirchengemeinde, bei Fingerfood und Sekt nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Veranstaltung hatte auch den Rahmen geboten, um die Ehrenamtlichen Christel Fuchs und Ursula Gärtner mit der Starkenburgmedaille der dekanatseigenen Stiftung zu würdigen – lesen Sie dazu unsere gesonderte Berichterstattung.
Hintergrund - das Kirchenjahr:
Das evangelische Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Advent und endet mit dem Ewigkeitssonntag. Es verknüpft wiederkehrende Kreisläufe mit Stationen eines unumkehrbaren Lebens – Jesu Leben. Die sich wiederholenden Festzeiten strukturieren das Leben, immer auch im Zusammenspiel mit den Jahreszeiten. In der dunkelsten Jahreszeit spricht Weihnachten vom Eintritt des Lichts in die Dunkelheit. Bei wieder aufblühender Natur verkündet Ostern den Sieg des Lebens über den Tod. Wenn die Blätter fallen, gedenkt die Kirche des Todes und der Verstorbenen. Gleichzeitig erinnern die wiederkehrenden Rhythmen an die Stationen Jesu Leben und greifen dabei wesentliche Stationen unseres eigenen Lebens auf: Geburt, Kindheit und Elternschaft, Gefährdung und Leid, Überschwang und Angst, Freude, Trauer und Tod. All das kommt im Jahreslauf zur Sprache. (Quelle: www.kirchenjahr-evangelisch.de)
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