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„Kopfstreichlerin“ Karin Ritter mahnt Trost als „Kernkompetenz“ der Kirche an

© Michael RänkerVerabschiedung von Pfarrerin Karin Ritter, Leiterin der Notfallseelsorge Bergstraße:

Karin Ritter wurde am Freitag als Pfarrerin aus den Diensten der EKHN „entpflichtet“ und als Leiterin der Notfallseelsorge Bergstraße verabschiedet. Zum Gottesdienst mit anschließendem Empfang hatten sich viele Menschen in der Evangelischen Christuskirche Heppenheim versammelt, die Grußwortliste war lang.

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© Michael Ränker

Bis sie das „i.R.“ hinter ihre Berufsbezeichnung setzen kann, vergeht noch ein gutes Jahr. Einstweilen befindet sich Karin Ritter, die am Freitag von Propst Stephan Arras als Pfarrerin aus den Diensten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau „entpflichtet“ wurde, im Urlaub. Allerdings dient die selbstgewählte Auszeit weniger der Erholung, sondern der wissenschaftlichen Arbeit: Die 62-jährige Theologin will promovieren; ihr Thema ist eben jene Notfallseelsorge, deren Leiterin sie im Landkreis Bergstraße zehn Jahre lang war und aus deren Diensten sie nun ebenfalls verabschiedet wurde.

Weil wir selbst Getröstete sind

In der Kirche der Evangelischen Christusgemeinde Heppenheim hatten sich am Freitag etliche Menschen zusammengefunden, um mit Karin Ritter gemeinsam Gottesdienst zu feiern und bei einem anschließenden Empfang ins Gespräch zu kommen. „Da kommen sie wieder, die Kopfstreichler“, erinnerte die Pfarrerin in ihrer Predigt an die allgemeinen Anfänge der Notfallseelsorge vor gut drei Jahrzehnten und den Spitznamen, den die Akteure sich schnell eingefangen hatten.

„In Situationen, in denen es kaum Trost zu geben scheint, sind die Ehrenamtlichen zur Stelle, um Erste Hilfe für die Seele zu leisten“, stellte Karin Ritter die Bedeutung des Trostes in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und ermahnte, dass sich Kirche immer wieder auf diese „Kernkompetenz“ zurückbesinnen möge: „Denn wir können trösten mit dem Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet sind.“

Lebenszeit ist geschenkte Zeit

Pfarrer Stephan Arras, Propst der Propstei Starkenburg, griff in seiner Ansprache vor der Entpflichtung von Karin Ritter als Pfarrerin der EKHN die „Vaduzer Predigten“ auf, die Frau Ritter gemeinsam mit ihrem Mann, dem Pfarrer Dr. André Ritter, vor einigen Jahren herausgegeben hat. Von 1997 bis 2012 teilten die Eheleute Ritter sich eine Pfarrstelle im Fürstentum Liechtenstein und luden einmal im Jahr einen Gast aus Kultur, Wissenschaft, Politik oder Gesellschaft dazu ein, eine Predigt zu halten. Der Soziologe und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa beispielsweise predigte über den Umgang mit der Zeit, der Dirigent Franz Welser-Möst machte sich Gedanken über die Stille. Arras bilanzierte die Texte der beiden Autoren mit Blick auf Karin Ritters Einsatz für die Notfallseelsorge und rief dazu auf, „Lebenszeit als geschenkte Zeit zu erleben“ und „den Moment als kostbar zu erachten“.

Der Entpflichtung durch den Propst folgten Segenswünsche für die scheidende Seelsorgerin von Pfarrerin Silke Bienhaus, stellvertretende Dekanin des Evangelischen Dekanats Bergstraße, und Gemeindereferent Dr. Michael Held, Beauftragter für Notfallseelsorge im Katholischen Bistum Mainz. Pfarrerin und Dekanin Sonja Mattes wiederum verabschiedete Karin Ritter aus dem Haus-der-Kirche-Team – „wir sind traurig, dass Sie gehen“ – und stellte den Gottesdienstbesuchern Jasmin Setny vor: Die Gemeindepfarrerin von „Evangelisch in Heppenheim“ wird ab September die Vakanzvertretung übernehmen. „Das Herz von Jasmin Setny brennt genauso für die Notfallseelsorge wie das von Karin Ritter, schließlich hat Frau Setny bei Frau Ritter ihr Spezialvikariat gemacht“, so Sonja Mattes.

"Erste Hilfe für die Seele" unverzichtbar

An den Gottesdienst schloss sich ein von Präses Ute Gölz, Vorsitzende des Dekanatssynodalvorstands und der Dekanatssynode, moderierter Empfang mit einer langen Liste von Grußworten an. Joachim Kunkel, Vorsitzender des Bergsträßer Kreistags, dankte Karin Ritter für ihre „hervorragende Leitung“ der Notfallseelsorge und ließ keinen Zweifel an der Bedeutung der „Ersten Hilfe für die Seele“: „Die Notfallseelsorge ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Architektur der Gefahrenabwehr im Kreis Bergstraße.“

Lob und Respekt zollten auch Pfarrer Andreas Mann (Beauftragter für Notfallseelsorge der EKHN), Susanne Fitz (Katholische Beauftragte für Notfallseelsorge im Bereich Darmstadt-Dieburg), Pfarrer Thomas Meurer (Leiter des katholischen Pastoralraums Heppenheim), Steffen Luther (Kreisbrandinspektor), Benjamin Henne (Leiter der Regionalen Kriminalinspektion Bergstraße), Felicia Schöner (Leiterin des Hospizdienstes Odenwald) sowie Hans-Peter Falter (Notfallseelsorge Bergstraße). Musikalisch gestaltet wurde die Verabschiedung von Eva-Maria und Engelbert Renner (Gitarre und Gesang) sowie Herrmann Waßmuth (Orgel) und Matthias Wollenweber (Querflöte).

Zur Vita von Karin Ritter

Karin Ritter wurde im März 2014 als Nachfolgerin von Pfarrerin Barbara Tarnow in das Amt als Leiterin der Notfallseelsorge im Kreis Bergstraße eingeführt. Zuvor hatte sie seit September 2012 als Seelsorgerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Jugenheim gearbeitet. In die Dienste der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) getreten war die Heidelbergerin - mit einem Pfarrer verheiratet und Mutter von zwei inzwischen längst erwachsenen Kindern - erst vor etwas mehr als einem Jahrzehnt: Karin Ritter und ihr Mann teilten sich von 1997 bis 2012 eine Pfarrstelle im Fürstentum Liechtenstein. Von 1991 bis 1997 war sie als Pfarrerin im Rheinland tätig.

Neben einer regen Vortragstätigkeit in den Bereichen Beratung und Seelsorge weist die berufliche Vita von Karin Ritter etliche Zusatzqualifikationen aus. Unter anderem hat sie eine Ausbildung zur systemtherapeutischen Beraterin und Supervisorin absolviert, sich in interkultureller Seelsorge weitergebildet und an der Universität Bern den Master in Seelsorge und Pastoralpsychologie erworben.

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