Lutherglossen
Atemberaubend unprofitabel
privatHans-Joachim Greifenstein nimmt die Probleme der Gesellschaft unter die Lupe und fragt: Was würde Luther dazu sagen?05.08.2024 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Von Hans-Joachim Greifenstein
„Glauben? Ich glaube, dass ein Pfund Rindfleisch eine gute Suppe gibt.“ So reden Skeptiker gerne und spötteln damit über uns Spinner, die altmodisch auf „etwas Höheres“ vertrauen. Der Spott kriegt aber ein Loch, wenn es wieder mal zu einem Lebensmittelskandal kommt. Dann beten auch Skeptiker: „Hoffentlich ist im Rind noch Fleisch drin!“ Erinnern Sie sich noch an die BSE-Krise vor ein paar Jahren? Damals hätte man mit einer vorgehalten Rindswurst glatt eine Bank überfallen können, so hysterisch waren die Leute damals.
Apropos Bank: Wissen Sie, wie vor gar nicht so langer Zeit noch ein Werbeslogan der Deutschen Bank gelautet hat? „Vertrauen ist der Anfang von allem.“ Lustig gell? Mitarbeiter des Vorzeigeinstituts der Deutschland AG haben CO2-Zertifikate verschieben helfen, massenhaft Strafzahlungen angehäuft und Milliarden bei miesen Geschäften verbrannt. Da klingt der Werbespruch ungefähr so, als ob Graf Dracula gesagt hätte: „Blut spenden macht uns alle glücklicher!“
Leistung versus Sein
Wer Karriere in der Bank machen will, muss fest dran glauben, dass Leistung sich lohnt, jeder seines Glückes Schmied ist und Bravsein irgendwann den Schlüssel zur Toilette für die höheren Angestellten einbringt. In dieser Weltanschauung lautet der zentrale Glaubenssatz: „Du bist, was Du leistest“. So geht Glaube in der Bank heute: Gute Geschäfte mit Gott lassen Deine Himmelsaktien steigen. Wie naiv ist das denn?
Luther hat im Römerbrief des Paulus etwas Besseres entdeckt: Den Himmel kann man sich gar nicht erstrampeln, in den kann man sich nur hinein vertrauen. Luthers zentraler Glaubenssatz lautet deswegen: „Du bist was, weil Gott dich liebt“. Das klingt so atemberaubend unprofitabel, dass wir es normalerweise nicht recht glauben können. Und wenn es uns dann mal doch gelingt, fühlen wir uns wie Hauptgewinner im Existenz-Lotto: „Der Gerechte lebt aus Glauben“, schreibt Luther, „dies Pauluswort ist mir wirklich das Tor zum Paradies geworden.“
Luther war nicht alt und nicht modern, er war sozusagen altmodern. Und darum ist die Bank, die uns Christen das meiste Vertrauen einflößt die gute, alte Kirchenbank. Auf ihr sitzt man zwar oft hart, schläft aber bekanntlich sehr gut. Warum? Weil Luther herausgefunden hat: „Allein der Glaube ist des Gewissens Friede“. Da gibt’s kein Abstrampeln mehr, da glaubt man, dass man sein darf.
Hans-Joachim Greifenstein hat zusammen mit Clajo Herrmann der Erste Allgemeine Babenhäuser Pfarrer(!) Kabarett gegründet. Am 4. Februar 2024 ist Clajo Herrmann im Alter von 68 Jahren überraschend gestorben. Hans-Joachim Greifenstein hat sich entschieden, alleine weiter zu machen. Wie es ihm dabei geht, schildert er auf www.pfarrerkabarett.de/ Hier gibt es auch die Termine.
Die Lutherglossen sind zum Reformationsjubiläum im Magazin „blick in die Kirche” der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) erschienen.
Bisher veröffentlicht:
Freiheit = Chaos + Verderben?
Konfirmanden ade
Abschied und Aufbruch
Auf die Kleinen hören
Mir geht's prima! Echt?
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