Erinnerungen an den Krieg
„Aus Feinden können Freunde werden“
bbiewBewegende Erinnerungen an den Krieg mit Zeitzeuge Wolfgang Lehmann20.10.2019 bbiew Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
In der vom Evangelischen Dekanat Bergstraße konzipierten Ausstellung werden 16 Porträts von Zeitzeugen aus der Region Bergstraße gezeigt, die noch bewusste Erinnerungen an den 2. Weltkrieg haben. Bei den Zeitzeugen handelt es sich vorwiegend um so genannte Kriegskinder der Jahrgänge 1925 bis 1940 und in drei Fällen um junge Erwachsene, die als Soldaten in den Krieg ziehen mussten.
Ein Beispiel für Versöhnung
Dass aus Feinden Freunde werden könnten, zeige das Beispiel von Christa Reichelt aus Bensheim-Auerbach, betonte Pfarrerin Grimm-Helbig und zitierte in ihrer Predigt aus deren Kriegserinnerungen: „Die Polen vertrieben uns am 3. und am 4. Mai 1946 aus unserem Dorf in Schlesien. Meine ganze Familie hatte deshalb über Jahrzehnte einen richtigen Groll gegenüber den Polen. Doch im Alter habe ich mir gesagt, so will ich nicht aus dem Leben gehen. Ich habe jetzt eine polnische Freundin und ich habe polnisch gelernt. Das Heimweh nach Schlesien hat mich nie verlassen. Ich will dort begraben werden. Das Grab ist bereits gekauft und der Stein beschriftet. Jetzt habe ich Frieden.“
"Dann gäbe es auch keine Kriege"
Mit Wolfgang Lehmann aus Rimbach war einer der porträtierten Zeitzeugen persönlich anwesend. Er schilderte, wie über seinem Heimatort Großräschen ein amerikanischer Bomber abgeschossen wurde. Bei der anschließenden Explosion wurde der damals 16jährige schwer verletzt. Alle zehn Besatzungsmitglieder des Bombers und 13 deutsche Zivilisten waren ums Leben gekommen. Erst viele Jahrzehnte später habe er erfahren, dass ein amerikanischer Soldat sich mit einem Fallschirm retten konnte und überlebt hatte, berichtete der heute 90jährige weiter. „Es war John Henry Bryner aus San Francisco. Zu ihm nahm ich Kontakt auf und er schlug vor, für alle Opfer des Absturzes – Deutsche wie Amerikaner – in Großräschen ein Friedensmahnmal zu errichten. Zur Einweihung 2005, genau 60 Jahre nach dem Ereignis, kamen er und weitere 29 Amerikaner, darunter der Bruder eines der getöteten amerikanischen Soldaten. Wir drei lagen uns in den Armen und weinten. Und die 150 Gäste der Gedenkveranstaltung weinten mit. Vergebung und Versöhnung – das ist das Entscheidende. Wenn das die Menschen in aller Welt beherzigen würden, gäbe es auch keine Kriege.“
Diese Aussage von Wolfgang Lehmann hat nach Angaben des Evangelischen Dekanats den Ausschlag für den Titel der Ausstellung „Verstehen-Vergeben-Versöhnen“ gegeben. In der Evangelischen Kirche Lindenfels (Burgstr. 34) sind die Porträts mit den 16 Zeitzeugen bis zum 6. November täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Zu der Ausstellung ist eine Begleitbroschüre mit den Porträts der Zeitzeugen erschienen, die gegen eine Spende abgegeben wird.
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