Dekanat Bergstraße

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Bergstraße zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

AngeboteÜbersicht
Menümobile menu

Zwölf Heilige Nächte

Christliche Exerzitien während der Rauhnächte

© Getty Images, kairos escribanoGedanken notierenDie eher ruhige Zeit zwischen den Jahren, also der Rauhnächte, lädt dazu ein, in sich zu gehen, seinem Glauben nachzuspüren und sich neu auszurichten - Exerzitien im Alltag sind eine mögliche Methode dafür

Schon in den Wochen vor den Rauhnächten werden Empfehlungen zu Praktiken wie dem Räuchern auf Social Media ausgetauscht. Auch im christlichen Umfeld gewinnen die Rauhnächte an Bedeutung und können als „zwölf heilige Nächte“ in Form von „Exerzitien im Alltag“ feierlich praktiziert werden. Wir zeigen, wie sich die Glaubenspraxis individuell umsetzen lässt.

Von Rita Haering

Am Ende des Jahres bereiten sich viele Menschen auf die Rauhnächte vor. Bücher und Räucherwerk in den Geschäften und Postings über die Wintersonnenwende und geheimnisvolle Rituale zeigen große Interesse. Die Rauhnächte beginnen am 1. Weihnachtsfeiertag, dem 25. Dezember, und enden am Dreikönigstag, dem 6. Januar. Auch die christlichen Glaubenspraxis umfasst die Zeit der Rauhnächte und bezeichnet sie als „zwölf heilige Nächte“. Hier erklären wir die Bedeutung, die Hintergründe und die Geschichte. Außerdem zeigen wir, wie sich mit christlichen Glaubensimpulsen die zwölf heiligen Nächte bereichernd gestalten lassen. Wir laden zu einer spirituelle Reise in Form von „Exerzitien im Alltag“ ein, die dem Leben neue Impulse geben kann.

Exerzitien

Exerzitien sind geistliche Praktiken, zu denen unterschiedliche Gebetsformen, Meditationen und Lebensbetrachtungen gehören können. Der Sinn ist, sich wieder stärker mit Gott zu verbinden. Dabei suchen sich die Praktizierenden einen geschützten Rahmen – ein Zimmer in der eigenen Wohnung, ein Kloster oder christliches Tagungshaus. Exerzitien können den Alltag eine halbe Stunde lang unterbrechen, aber auch mehrere Tage oder Wochen dauern.

Bedeutung und Entstehung der Rauhnächte

Die Vorstellungen über die Rauhnächte reichen weit in vorchristliche Zeiten zurück. Danach sollen unberechenbare Mächte ihr Unwesen getrieben haben, aber bestimmte Rituale sollen dafür gesorgt haben, dass ihr Treiben eingedämmt wurde. Mit der Einführung des Christentums hat sich noch nicht alles geändert, denn vor allem in ländlichen Gebieten haben sich die alten Vorstellungen gehalten. 

Was bedeutet Rauhnacht?

Der Ursprung des Wortes „Rauhnacht“ ist nicht eindeutig geklärt. Es kann vom mittelhochdeutschen „rûch“ stammen, was haarig bedeutet und sich auf mit Fell überzogene Dämonen beziehen könnte. Eine andere mögliche Verbindung ist der Rauch, da Räucherrituale in dieser Zeit verstärkt praktiziert werden. In der christliche Kultur werden die Rauhnächte auch als zwölf heilige Nächte bezeichnet.

Welchen kulturellen Ursprung haben die Rauhnächte?

Die Vorstellungen über die Rauhnächte reichen weit in die vorchristliche Zeit und in das alte europäische Brauchtum zurück, einschließlich der Kultur der Germanen. Der evangelische Theologe Jörg Zink beschreibt in seinem Buch „Zwölf Nächte“ die alte Vorstellung – Wotans wilde Jagd – während der stürmischen Winternächte. Wotan, auch bekannt als Odin, ist der höchste Gott in der germanischen Mythologie. Der Theologe veranschaulicht: „Das wilde Heer Wotans stürmte in den Winternächten über die Waldgebirge, Frau Holle zog über das Land und segnete das Feld und den Stall. Die Toten gingen um und unberechenbare Mächte trieben ihr Unwesen.“ Mit Räucherwerk und Beschwörungen versuchte man, Haus und Hof zu schützen. Der Theologe und Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti erläutert gegenüber dem epd, dass beispielsweise Ställe ausgeräuchert wurden, um die „Dämonen“ zu vertreiben: „Wo Weihrauch ist, können sich die Geister nicht aufhalten.“ Nach damaligem Volksglauben war es in dieser Zeit auch verboten, Wäsche zu waschen, zu backen oder schwer zu arbeiten. Da die Dämonen außerhalb des Hauses für Chaos sorgen, sollte man die eigenen vier Wände vor der Wintersonnenende bereits aufgeräumt und gereinigt haben.

Welche Bedeutung haben die Rauhnächte heute?

Heute interessieren sich wieder viele Menschen für die Rauhnächte. In den sozialen Medien gibt es zahlreiche Empfehlungen zu Praktiken wie Räuchern oder Kartenlegen. Auch so manchen alte Brauch rund um die Vorstellung von Wotans wilder Jagd haben bis heute einige Menschen im Kopf und erzählen: „Bei meiner Oma durfte zwischen den Jahren auf gar keinen Fall Wäsche gewaschen werden. Sie hatte Angst, dass sich in den aufgehängten Wäschestücken die Dämonen darin verfangen könnten.“ In den jüngeren Generationen sehen das manche eher pragmatisch als eine willkommene Gelegenheit, die Hausarbeit für ein paar Tage ruhen zu lassen. Die Psychologin Tanja Köhler betont jedoch, dass die Rauhnächte heute eine Chance zur Selbstreflexion bieten. Diese Zeit dient dazu, die Ereignisse des alten Jahres Revue passieren zu lassen und die Weichen für das neue Jahr neu zu stellen.

Christliche Glaube trifft auf Rauhnächte

Die zwölf heiligen Nächte gewinnen im christlichen Umfeld zunehmend an Bedeutung, denn der Advent ist kaum noch eine Zeit der Stille, weil er eher von stressigen Vorbereitungen auf Weihnachten geprägt wird. Somit bieten die zwölf heiligen Nächte die Gelegenheit für Exerzitien im Alltag – das heißt, zur Ruhe zu kommen, in sich zu gehen und die Verbindung mit Gott zu suchen. „Die Erfahrung vieler Generationen zeigt, dass Menschen in dieser Zeit offener für Träume, für Berührungen mit Glaubens- und Lebensthemen sind“, erklärt Pfarrer Thomas Müller, Referent für geistliches Leben im Zentrum Verkündigung der EKHN.
Der Vordenker und evangelische Theologe Jörg Zink erachtete es bereits in den 90er Jahren als wichtig, sich meditativ auf die hoffnungsvolle christliche Botschaft des Lichts in den zwölf heiligen Nächten einzulassen.

Evangelische Impulse für die zwölf heiligen Nächte

In seinem Buch „Zwölf Nächte“ beschreibt Zink, dass Christ:innen das Licht in die Rauhnächte mit den alten Vorstellungen über das wilde Treiben der Geister in dunklen Nächten bringen. „Sie setzen das einfache Wort von der Nähe Gottes den Angstträumen entgegen.“ Gott erscheine nicht mehr als wildes Geisterheer, sondern in der Gestalt eines Kindes. Zink regt dazu an, die stillen Tage der „zwölf heiligen Nächte“ so zu gestalten, „dass uns etwas Heilsames geschieht.
Für jeden der zwölf Tage gibt es Impulse aus der Weihnachtsgeschichte, die zur persönlichen Reflexion und Auseinandersetzung anregen, um Bilanz zu ziehen, sich auf das neue Jahr auszurichten und sich von der Glaubensgeschichte berühren zu lassen. Im Kern geht es nach Jörg Zink darum, dass Gott selbst in uns zur Welt kommt: „Der Friede ist auch uns zugedacht, und auch in uns kann etwas geschehen, wie jene Geburt eines Kindes, durch das sich alles wandelt.“

Evangelische Glaubenspraxis: Exerzitien im Alltag für jede der zwölf heiligen Nächte

Zwölf gestaltete Blätter zum Herunterladen laden dazu ein, die Abende zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar in Form von „Exerzitien im Alltag“ zu gestalten. Sie bieten Anregungen, Impulse und Fragen für die persönliche, spirituelle Reflexion und lehnen sich inhaltlich an das Buch „Zwölf Nächte“ des evangelischen Theologen Jörg Zink an. Die Elemente verbinden christlichen Glauben mit deiner persönlichen Lebenssituation. Sie bieten Raum für individuelle Gedanken, um sich für das kommende Jahr neu auszurichten. Die Blätter sind so konzipiert, dass du das Thema eines bestimmten Abends frei wählen kannst – je nach Interesse und Bedürfnis. Es ist auch nicht notwendig, sich mit allen zwölf Impulse auseinanderzusetzen - wenn deine Zeit nur für ein Blatt reicht, ist auch das vollkommen in Ordnung. Die Zeichnung auf den Blätter kannst du gerne auch kreativ gestalten.

Thomas Müller, der Referent für geistliches Leben, empfiehlt, sich einen Ort und eine Zeit einzurichten, um diesen Impulsen nachzugehen. Ein Blatt zur Einstimmung unterstützt dabei, dich innerlich auf auf deine stillen Momente zwischen den Jahren vorzubereiten.  Dabei kannst du gerne eine Weihrauch-Duftkerze anzünden. Weihrauch hat eine ganz besondere Bedeutung in der christlichen Tradition: Weihrauch war eines der Geschenke, welche die Weisen aus dem Morgenland dem neugeborenen Jesus brachten. So haben auch die frühen Christen der Spätantike den Gebrauch von Weihrauch in ihren Gottesdiensten von den Römern übernommen.

Vorbereitung

Exerzitien für jede der heiligen Nächte

2. Heilige Nacht: 26. Dezember – Wege zum Frieden inmitten von Gewalt

4. Heilige Nacht: 28. Dezember – innere Heimat finden

7. Heilige Nacht: 31. Dezember - Träume, die zum Wandel inspirieren

9. Heilige Nacht: 2. Januar – Gott verbindet Licht und Dunkelheit

11. Heilige Nacht: 4. Januar – Frieden ausbreiten

Mehr zum Thema

<svg viewbox="0 0 512 512">
</svg>

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top