Premiere
Erntedankfest-Gottesdienst im Kuhstall
© Käthe MüllerFamilie Krichbaum in Raidelbach öffnete die Stalltüren für die Erntedankfeier der Evangelischen Kirchengemeinde Gadernheim. 120 Milchkühe waren „Zaungäste“ des Gottesdienstes, in dessen Mittelpunkt Pfarrerin Marion Mühlmeier die Frage „Wie wird mein Leben reich?“ gestellt hatte.10.10.2023 mr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Von Käthe Müller
Bei strahlendem Sonnenschein versammelte sich die Evangelische Kirchengemeinde Gadernheim am 1. Oktober auf dem Hof der Familie Krichbaum in Raidelbach. Vor dem großzügigen, sonnendurchfluteten Boxenlaufstall der 120 Milchkühe stand der Posaunenchor aus Reichenbach und Gadernheim bereit, um den Gottesdienst musikalisch zu begleiten. Statt der üblichen Kirchenbänke durften die Gottesdienstbesucher auf großen Strohballen Platz nehmen. Der Altar, ebenfalls ein Strohballen, war mit Kreuz, Parament und Bibel für den Gottesdienst vorbereitet. Ein hölzernes Wagenrad schmückte die Erntegaben. „Zaungäste“ waren 120 Milchkühe, die sich in ihrem Boxenlaufstall frei bewegen konnten und das Ganze interessiert, vielleicht auch ein wenig irritiert beobachteten.
Mit allen Sinnen
Pfarrerin Marion Mühlmeier begrüßte die über 100 Gottesdienstbesucher herzlich. Ihre Freude, diesen besonderen Gottesdienst leiten zu dürfen, war deutlich zu spüren. „Wie reich ist es hier heute geschmückt! Hier wird spürbar, wie viel Arbeit in der Landwirtschaft steckt. Das sieht man!“ Mit allen Sinnen erlebten die Gottesdienstbesucher den Erntedank. Dank für die harte Arbeit der Landwirte. Dank für den Segen Gottes, der das Wachsen und Gedeihen geschenkt hat.
„Der Reichtum, den ich und wir vor uns sehen, ist ein geschenkter Reichtum. Gottes Güte ist groß, und aus seiner Güte gibt er uns, damit wir säen und ernten. Auf dem Feld und in unserem Leben. Denn wir sind beschenkt von Gott“, führte Mühlmeier die Gemeinde zu der Frage, die diesen Gottesdienst prägen sollte: „Wie wird mein Leben reich?“
Der reiche, aber dumme Kornbauer
Als Predigttext diente das Gleichnis Jesu vom reichen Kornbauern aus dem Lukasevangelium, Kapitel 12. Der Kornbauer, der eine gute Ernte eingefahren hatte und sich nur Sorgen machte, wie er die reiche Ernte lagern sollte. Eigentlich ein ganz normaler Gedanke. Planvoll und nachhaltig gedacht. Warum, fragte sich die Pfarrerin, bezeichnet Jesus dieses Verhalten als dumm? Das, so Mühlmeier, erschließe sich erst auf den zweiten Blick: „Der Kornbauer denkt bei all seinen Überlegungen, bei all seinem Tun nur an sich. Er spricht mit sich selbst. Er denkt nur an sich. Er denkt nicht an andere, nicht daran, wie andere an seinem Reichtum teilhaben können.“ Den Reichtum, den Gott uns schenkt, für sich zu horten und nicht zu teilen, das nennt Jesus eine Dummheit. Denn unser Leben ist begrenzt. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, so der Volksmund.
Was macht das Leben wirklich reich?
Was also macht mein Leben wirklich reich? Der wahre Reichtum, so Mühlmeier, liege in der Dankbarkeit: „Wenn ich mir bewusst mache, wofür ich in meinem Leben dankbar bin, dann sehe ich das Leben anders. Ich sehe weiter und tiefer. Wenn ich erkenne, wie reich ich beschenkt bin, dann erkenne ich meine Stärken und Gaben, die mich reich machen und die ich für andere einsetzen kann“. Danken und mit anderen teilen, das macht unser Leben reich.
Mit dem Dank an Gott in Gebeten und Liedern verließen die Besucher geistlich gestärkt den Erntedankgottesdienst. Fröhlich plaudernd stand die Gemeinde noch auf dem Hof zusammen. Alle waren sich einig: Das war ein ganz besonderer Gottesdienst! Wir freuen uns auf das nächste Mal.
Die Autorin Käthe Müller ist Mitarbeiterin der Regionalen Diakonie Bergstraße und dort für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising zuständig.
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