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Lesung

Es ist alles erfunden, aber es ist alles wahr

© Michael RänkerVera-Sabine Winkler, Pfarrerin und Autorin, las am Freitagabend im gut besuchten Haus der Kirche aus ihrem Roman „Ein wenig Weiß und viel Schwarz“. Musikalisch gestaltet wurde die Lesung von Pianist Rolf Fritz.

Vera-Sabine Winkler, Pfarrerin und Autorin, las am Freitagabend im gut besuchten Haus der Kirche aus ihrem Roman „Ein wenig Weiß und viel Schwarz“. Musikalisch gestaltet wurde die Lesung von Pianist Rolf Fritz.

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Kann eine Handlung erfunden, aber dennoch wahr sein? Vera-Sabine Winkler behauptet das – und sie gibt mit ihrem Roman „Ein wenig Weiß und viel Schwarz“ eine Antwort auf diese Frage: Ja, das kann sein. Gewissermaßen zumindest. Denn wenngleich das Buch der Pfarrerin ausdrücklich weder eine Biografie noch eine Autobiografie ist, und das auch ganz bewusst, weil zumindest kundige Leser sich angesichts der skizzierten Figuren immer gleich fragen würden, wer denn das nun „im echten Leben“ der Seelsorgerin sein könnte, so ist die Handlung trotzdem authentisch:

Genau so kann es sich zugetragen haben im Leben und Wirken einer Pfarrerin beziehungsweise jener Frau in der Lebensmitte, die immer mehr zu sich selbst steht und der das Erinnern eigener wie auch anvertrauter Geschichten zur Quelle von Lebensmut, Widerständigkeit und Inspiration wird. Am Freitagabend hatte das Evangelische Dekanat Bergstraße zu einer Lesung von Vera-Sabine Winkler, Pfarrerin in Gorxheimertal, eingeladen und der Andachtsraum im Heppenheimer Haus der Kirche war gut besucht.

Den letzten Satz schon immer gewusst

Begrüßt wurden die Teilnehmenden von einer Kollegin der Autorin: Jasmin Setny, Pfarrerin im Kooperationsraum „Evangelisch in Heppenheim“ und Mitglied des Dekanatssynodalvorstands, entbot auch im Namen von Präses Ute Gölz und Dekanin Sonja Mattes ein herzliches Willkommen. Setny skizzierte die Entstehungsgeschichte des Romans „Ein wenig Weiß und viel Schwarz“, denn die Idee zu dem Buch hatte die Autorin bereits als Vikarin. Den Anfang hat Vera-Sabine Winkler bereits vor vielen Jahren getextet „und den letzten Satz habe ich schon immer gewusst“. Eine Studienzeit hat sie nun dazu genutzt, um ihr Werk fertigzustellen.

Hauptfigur des Buches ist eine Pfarrerin, der nicht allein das Schwarz ihres Talars (= viel Schwarz) und das Weiß ihres Beffchens (= ein wenig Weiß) zu schaffen machen: Auch die Schwarzweißmalerei mancher Gemeindemitglieder führt zu schwerwiegenden Konflikten. Dabei trägt sie ohnehin schon genügend Schweres mit sich herum: Das Schicksal des Großvaters, der in den Gaskammern der Nationalsozialisten verschwand, das Gefühl, durch ihren Beruf von sich selbst abgeschnitten zu sein und das einsame Leben im Pfarrhaus tragen dazu bei, dass sie selbst beim Klavierspielen kaum Zugang zu ihren Gefühlen findet. Das aber ändert sich, als sie während einer Tagung der Dame mit Hut begegnet und später einem Kellner, der zugleich Musiker ist…

Keine vertrauten Bezeichnungen, keine Namen

Ganz bewusst verzichtet Vera-Sabine Winkler auf vertraute Bezeichnungen für Kirche, den kirchenjahreszeitlichen Festkreis oder das pfarramtliche Handeln, auch die Personen tragen keine Namen: „Ich will eine vorzeitige Engführung durch die damit verbundenen Vorstellungen der Leserinnen und Leser vermeiden und neue Assoziationen wecken.“ Immer wiederkehrende Metaphern sind die Bezugnahme auf das innere Kind der Protagonistin sowie der Dialog von Körper und Kopf. Lange Schachtelsätze sind verpönt, fast wie eine Journalistin bildet die Autorin im Reportagestil die Wirklichkeit – oder besser: die Wirklichkeit ihrer Hauptfigur – ab.

Vera-Sabine Winkler stellte dem Publikum der Lesung am Freitagabend zunächst ihre Hauptfiguren vor, bevor sie die Zuhörer mit vier weiteren Passagen in wesentliche Handlungsstränge und Entwicklungen einführte. Musikalisch gestaltet wurde die Lesung mit fünf ganz unterschiedlichen, aber stets die Handlung der zuvor gelesenen Kapitel aufgreifenden Kompositionen, die Pianist Fritz Rolf virtuos intonierte.

Diese Erfahrungen gibt es überall

Vera-Sabine Winkler beschreibt zwar in ihrem Buch Kernerfahrungen pfarramtlicher Arbeit, wie seelsorgliche Begleitungen, Bestattungen, Besuche, aber auch Überlastungen, Schmähungen und Konflikte, aber die Reaktion des Publikums beim anschließenden Austausch bestätigte die Annahme: Diese oder ähnliche Erfahrungen gibt es allerorten. „Ich hoffe also, mit dem Buch nicht nur Menschen im Pfarrberuf anzusprechen“, so die Autorin – bei ihrer Lesung im Haus der Kirche ist ihr das ohne jeden Zweifel gelungen.

Frau Winkler ist in Bensheim geboren und in Rüsselsheim aufgewachsen. Evangelische Theologie studierte sie in Frankfurt und Hamburg. Nach ihrem Vikariat in Mainz und ihrem Pfarrvikariat in Mainz-Kostheim arbeitete sie als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Gießen. Danach war sie als Gemeindepfarrerin in der Wiesbadener Innenstadtkirche tätig, in diese Zeit fällt auch ihre Promotion: Sie forschte über Poesie und Liturgie und schrieb ihre Doktorarbeit über die Schriftstellerin Hilde Domin und ihre Bedeutung für die Sprache der Liturgie. Im Jahre 2010 kam sie ins Evangelische Dekanat Bergstraße, wurde mit jeweils einer halben Stelle Pfarrerin in Gorxheimertal und Bildungsreferentin im Haus der Kirche, diese zweite Aufgabe hat sie zwischenzeitlich wieder abgegeben.

Der 258 Seiten starke Roman „Ein wenig Weiß und viel Schwarz“ von Vera-Sabine Winkler ist im Verlag „ATE“ (www.at-edition.de) erschienen und dort auf der Webseite erhältlich. Das Buch mit der ISBN-Nummer 978-3-89781-285-7 kostet 19,90 Euro und kann auch bei Amazon erworben werden.

Weitere Informationen über Vera-Sabine Winkler und ihre Autorentätigkeit gibt es auf ihrer Webseite

www.theopoesie.de

Leseprobe "Ein wenig Weiß und viel Schwarz"

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