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Verabschiedung von Pfarrerin Tabea Graichen

Hören, was die Menschen brauchen

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Die langjährige Pfarrerin der Evangelisch-reformierten Gemeinde Affolterbach Tabea Graichen geht in den Ruhestand. Im Gottesdienst am 1. Mai wird sie verabschiedet.

bbiewTabea Graichen: "Im Ruhestand das tun, was im Pfarrdienst zu kurz gekommen ist."

Mehr als 14 Jahren war die 63jährige in der Überwald-Gemeinde tätig. Die Begegnung mit Menschen, auch mit jenen, die am Rande der Kirche stehen oder nicht der Kirche angehören, ist ihr nach eigenen Angaben in all den Jahren eine Herzensangelegenheit gewesen. „Wenn ich im Pfarrbüro arbeite, habe ich bewusst oft die Tür offen stehen lassen als Einladung zu Besuch und Gespräch. Das hat mitunter auch funktioniert. Erst kam der Hund und der Halter hinterher.“

Das Jesus-Wort aus dem Markus-Evangelium „Was willst du, dass ich dir tue?“ sei für sie Richtschnur ihrer Arbeit gewesen. „Es ist Aufgabe der Kirche zu schauen, was um uns geschieht und genau hinzuhören, was die Menschen brauchen“, betont die scheidende Pfarrerin.

Eine Gemeinde im Kirchenkampf

In Affolterbach beteiligte sich ihre Gemeinde an vielen Aktivitäten wie der Kerwe, der Überwälder Traumnacht, den Adventsfenstern oder dem Volkstrauertag für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Zuletzt auch am Gedenken für die südhessischen Juden, die vor 80 Jahren, im März 1942, aus ihren Häusern vertrieben in die Konzentrationslager verschleppt wurden.

Affolterbach gilt als die Gemeinde im Evangelischen Dekanat Bergstraße, die am stärksten vom Kirchenkampf im Nationalsozialismus geprägt wurde. Den „Deutschen Christen“, die die NS-Herrschaft unterstützen, standen die Mitglieder der „Bekennenden Kirche“ gegenüber. „In Affolterbach feierten sie nicht miteinander, sondern nacheinander Gottesdienst. Vielen Älteren in der Gemeinde ist das noch präsent“, betont Tabea Graichen.

Für den Reformprozess gut aufgestellt

Die Pfarrerin, die in Tübingen und Heidelberg Evangelische Theologie studierte, stammt ursprünglich aus Württemberg, wo sie ordiniert wurde und in mehreren Gemeinden und der Klinikseelsorge tätig war. 2004 wechselte sie aus familiären Gründen in die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und war bis 2007 zunächst in Gorxheimertal tätig. Danach wirkte sie mit halber Stelle in Affolterbach. Mit der anderen Hälfte ihres Dienstes war sie im Pfarrerausschuss der EKHN tätig, der Vertretung aller Pfarrerinnen und Pfarrer in der Landeskirche. Diesem Ausschuss gehörte sie seit 2004 an, ab 2010 als Vorsitzende.

Der Ruhestand von Tabea Graichen fällt in eine Zeit, in der die EKHN vor großen Veränderungen steht. Der Reformprozess ekhn 2030 sieht angesichts sinkender Mitgliederzahlen unter anderem eine stärkere Kooperation von Kirchengemeinden und die Bildung von Nachbarschaften vor. Die Pfarrerin meint, dass die drei Überwald-Gemeinden Affolterbach, Hammelbach und Wald-Michelbach bereits gute Vorarbeit geleistet hätten und entsprechend gut aufgestellt seien. „Wir haben eine Verwaltungskooperation, die gemeinsame Sommerkirche mit Kanzeltausch der vier Pfarrerinnen und Pfarrer ist gut etabliert und wir haben einen gemeinsamen Gemeindebrief sowie eine gemeinsame Homepage. Die nachbarschaftliche Zusammenarbeit haben wir bereits einüben können. Das ist ein guter erster Schritt.“

Im Ruhestand möchte Tabea Graichen einen Schritt auf das zugehen, was im Pfarrdienst zu kurz gekommen ist. „Ich möchte wieder Klavier spielen, ich suche einen Chor, weil ich gern singe und ich will die Fußreflexzonenbehandlung wieder aufnehmen, für die ich bereits vor 20 Jahren ausgebildet wurde.“ Doch so ganz zurückziehen, wird sie sich auch nach ihrer offiziellen Verabschiedung noch nicht. Die Konfirmation, die Kerwe, zwei Trauungen und die Gemeindefahrt nach Irland stehen an und das klingt nach ganz schön viel Programm für eine Pfarrerin im Ruhestand.

Weil Propst Stephan Arras verhindert ist, wird am 1. Mai der Bergsträßer Dekan Arno Kreh Pfarrerin Graichen verabschieden und von ihren Aufgaben entpflichten. Der Gottesdienst in der Gustav-Adolf-Kirche Affolterbach, an dem auch die Referatsleiterin für den Personalservice Pfarrdienst Oberkirchenrätin Sabine Winkelmann mitwirken wird, beginnt um 10 Uhr.

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