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Neues Konfirmandenprojekt

Jüdisches Leben begreifen – mit Kopf, Herz und Händen

© Veranstalter

Konfirmandinnen und Konfirmanden aus dem Überwald besuchten die Dokumentation Landjudenschaft in Lorsch. Mit Kippa, Thorarolle und Stolpersteinen erlebten sie jüdisches Leben hautnah – ein Projekt des Evangelischen Dekanats Bergstraße.

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An zwei Terminen, Ende September und Anfang Oktober, waren über 30 junge Leute aus dem Überwald in der Dokumentation Landjudenschaft des Heimat- und Kulturvereins Lorsch zu Gast. Die Ausstellung, die vor zwei Jahren im Alten Schulhaus, Schulstraße 16, eröffnet wurde, war Ziel eines neuen Projekts des Evangelischen Dekanats Bergstraße.

Sabine Allmenröder, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung aus Heppenheim, und Birgit Ruoff, Gemeindepädagogin in den Evangelischen Nachbarschaftsräumen Überwald und Odenwald-Nord, hatten das Projekt gemeinsam vorbereitet. Ziel war es, dass die Jugendlichen im Rahmen ihres Konfirmandenunterrichts Grundlegendes über Kultur und Geschichte der Juden in der Region kennenlernen.

Für die meisten Teilnehmenden war der Besuch in Lorsch die erste bewusste Begegnung mit dem Thema Judentum. Begleitet wurden sie von Pfarrer Jörg Michas (Siedelsbrunn, Kreidach, Abtsteinach), Pfarrerin Martina Beyer (Wald-Michelbach, Schönmattenwag) und Pfarrer Stefan Ningel (Grasellenbach-Hammelbach).

Kurator Thilo Figaj, Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins, hatte sein Magazin geöffnet und zahlreiche jüdische Alltagsgegenstände für die Erkundung bereitgestellt. „Uns ist es wichtig, dass die Besucher jüdisches Leben in Lorsch möglichst anschaulich erleben“, betont er. Die Jugendlichen durften Objekte aus der sogenannten Museumskiste in die Hand nehmen – darunter eine Kippa, eine kleine Thorarolle, Leuchter, Trinkbecher und Matzen zum Probieren. In der Außenstelle der Kurpfalz-Bibliothek konnten sie außerdem eine antike Sabbatlampe zusammenbauen, an einem Besamin-Türmchen schnuppern und einem hebräischen Psalmrezital lauschen.

„Super, dass alle so engagiert dabei sind und die Handys stecken bleiben“, freut sich Bibliothekarin Petra Schöppner, die das Dokuzentrum betreut und den Besuch fachlich begleitet hat.

Anschließend erkundeten die Jugendlichen in kleinen Gruppen die Ausstellung und lösten ein Quiz, das Birgit Ruoff und Sabine Allmenröder für sie vorbereitet hatten. Die Fragen drehten sich um jüdisches Alltagsleben, Berufe sowie um die Vertreibung und Ermordung der Lorscher Juden ab 1933.

„Die Rückmeldungen der Jugendlichen beim Abschluss waren klasse“, berichtet Sabine Allmenröder. Zum Beispiel sollten sie den Satz vervollständigen: „Ich hätte nicht gedacht, dass...“ – und es kamen viele überraschende Antworten: „...hier früher mal so viele Juden gelebt haben“ oder „...Juden jedes Mal kurz beten, wenn sie das Haus verlassen und die Mesusa berühren.“

Auch Fragen zu einzelnen Objekten, wie einem auf den 9. November 1938 datierten Schnitzwerk mit Resten aus der Lorscher Synagoge, wurden von den Jugendlichen nachdenklich und differenziert beantwortet – „obwohl sie vorher noch nie etwas vom Novemberpogrom gehört hatten“, so Allmenröder.

Zum Abschluss führte der Weg hinaus in die Stadtmitte zu den Stolpersteinen der Familie Kahn. Sie erinnern an die Flucht der Familie 1939 vor der drohenden Deportation. „Oha, der Otto, der war ja erst fünf Jahre alt!“, stellte eines der Mädchen erschrocken fest. Gemeinsam errechneten die Kinder das Alter der Opfer und erkannten, dass eine ganze Familie mit Großmutter, Eltern und fünf kleinen Jungen fliehen musste.

„Genau dafür haben wir diese Einrichtung geschaffen“, sagt Thilo Figaj. „Die Zusammenarbeit mit dem Dekanat und die Akzeptanz durch die jungen Leute zeigt uns, dass der Aufbau unserer Dokumentationsstätte für alle Zielgruppen einen Einstieg in jüdisches Leben bietet. Wir wollen kein reiner Gedenkort sein, sondern für das gegenseitige Verständnis in unserer Gesellschaft einen niederschwelligen Zugang zu jüdischer Kultur anbieten.“

Für die Zukunft wünscht sich der Heimat- und Kulturverein Lorsch noch mehr Kooperationen mit Jugendgruppen und Schulen. „Unser Haus steht zur Verfügung“, so Figaj.

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