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Interreligiöser Dialog

"Mein ,Tag der Einheit' in der Sultan-Achmet-Moschee Viernheim"

Pfarrer i.R. Dirk Römer hat am „Tag der Deutschen Einheit“ die bundesweite Aktion „Offene Moschee“ genutzt, um der Sultan-Achmet-Moschee der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş in Viernheim einen Besuch abzustatten.

© Michael RänkerPfarrer i.R. Dirk Römer.

Von Dirk Römer

Es ist der 3. Oktober, der Feiertag „Tag der Deutschen Einheit“. Gut 20 Männer haben mir in der Moschee der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) in Viernheim den Rücken zugewandt. Sie knien in einer langen Reihe, sie beten. Das Wort „Allah“ höre ich mehrmals. Der Imam Akif Albayrak in der Mihrab, der Gebetsnische, verneigt sich nach Mekka. Die Betenden wenden sich ihrem Nachbarn zu und grüßen einander. Zwei, drei dunkelhäutige Menschen gehören zu den Gläubigen. Vom Alter her sind die kopfbedeckten Muslime wohl zwischen zwanzig und sechzig Jahren. Im Flur stehen viele Schuhpaare. Auch ich schlüpfe aus meinen Schnürschuhen, bevor ich den Gebetsraum betrete.

Einer tritt aus der Reihe, greift sich einen seitwärts stehenden Hocker und bringt ihn zu mir. Ich bin in der Sultan-Achmet-Moschee in Viernheim zu Gast. Heute ist bundesweit die Aktion „Offenen Moschee“. Schnell kommen wir miteinander ins Gespräch. Wir sprechen Deutsch, auch wenn der familiäre Unterton Türkisch ist und ich nicht jedes Wort verstehe. Im Salon im Eingangsbereich stehen zahlreiche kniehohe Tische, gepolsterte Bänke mit Sitzkissen. Der eine oder andere Mann putzt im Vorübergehen die Tische. Offensichtlich waren schon andere vor dem Mittagsgebet zu Gast. Der Raum füllt sich mit einem Teil der Betenden, sie trinken ebenso, sie klönen miteinander und diskutieren. Ich werde zu einem Glas dunklen Tee eingeladen.

Meine Gesprächspartner wollen viel von mir wissen, aber sie erzählen auch von sich, wo sie wohnen, was sie arbeiten: bei Weltfirmen wie Daimler-Truck in Mannheim oder Freudenberg in Weinheim. Der Vorsitzende Murat Öztürk ist unter ihnen. Die brutalen Attentate in Mannheim und in Solingen sind für sie kein muslimisches Thema, die Täter können sich nicht auf den Koran berufen. Ein Atheist, so stellt er sich vor, fragt, nachdem ich mich als Pfarrer i. R. zu erkennen gegeben habe, an was man als evangelischer Christ glaube. Und am biblischen Reden vom „Teufel“ ist er besonders interessiert.

Ich setze mich zu einem Afrikaner, um meine Schuhe wieder anzuziehen und die Schnürsenkel zu binden. Der Somalier ist schon lange in Deutschland. Seine 83-jährige Mutter ist krank und er hat sie vor kurzem in Ostafrika besucht. Wir sprechen auch über materielle Hilfe, die die Viernheimer Muslime afrikanischen Moscheegemeinden hat zukommen lassen. Einer gehörte zu einem Team, das die Übergabe regelte.

Ich bin an diesem frühen Nachmittag der einzige Nicht-Muslim. Später kommt eine muttersprachlich deutsche Frau aus der Nachbarschaft dazu, sie will diese Moschee endlich einmal von innen kennenlernen.

Auf der Rückfahrt fotografiere ich den Neubau der benachbarten DITIB-Moschee mit ihren beiden goldglänzenden Kuppeln und dem hohen Minarett am Stadtrand von Viernheim. Kurz vor Lorsch strahlt über den grünen Odenwaldhügeln ein Regenbogen. Für mich ein Zeichen des Zusammenhalts von Christen und Muslimen in Deutschland. Ein Tag der Einheit, religiös zumindest.

Der Autor Dirk Römer ist Pfarrer im Ruhestand, war Seelsorger der Heilig-Geist-Gemeinde Heppenheim und ist nach wie vor ein Förderer des interreligiösen Dialogs.

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