Abschied aus Einhausen und Schwanheim
Von der Bergstraße nach Genf
bbiew13.09.2021 bbiew Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
bbiewChristian Ferber und Katrin Hildenbrand: „In Genf erproben wir die Zukunft der Kirche.“Das Pfarrer-Ehepaar begibt sich in der Schweiz auf ungewohntes Terrain. Die Auslandsgemeinde unterscheide sich strukturell grundsätzlich von den Kirchengemeinden in Deutschland, betonen die beiden. Es gebe zwar Gemeindemitglieder, die dauerhaft in Genf wohnten, die Mehrheit sei aber nur auf Zeit dort. „Die Fluktuation ist groß. Wir müssen uns immer wieder bekannt machen, stets auf neue Gemeindemitglieder zugehen und mit ihnen die Gemeinde weiter entwickeln“, erläutert Katrin Hildenbrand. Hinzu komme, dass die Genfer Gemeinde nicht über die Kirchensteuer finanziert werde, sondern auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen sei.
Was trägt eine Gemeinde?
„In Genf erproben wir die Zukunft der Kirche“, sagt Christian Ferber. Angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen verbunden mit sinkenden Kirchensteuereinnahmen stelle sich die Frage, ob Spenden ein tragfähiges Modell für die Gemeindeentwicklung sein könnten. Wer die Gemeinde freiwillig finanziell unterstütze, habe ein Interesse an der Gemeindeentwicklung. Auch sei die Bereitschaft größer, sich aktiv einzubringen. Spenden seien ein Gradmesser dafür, was den Menschen ihre Gemeinde wert sei. „Eine Auslandsgemeinde bedeutet für viele auch eine emotionale Bindung an die Heimat“, betont Pfarrerin Hildenbrand. Deshalb würden die Gemeindemitglieder auch Dinge schätzen, die so in der Schweiz unbekannt seien wie Adventskränze, Christstollen oder Glühwein. Auch das gelte es in Genf zu beachten.
Stadt mit internationalem Flair
Die beiden promovierten Theologen schätzen an ihrem neuen Wirkungsort die Internationalität auch in kirchlicher Hinsicht. Die Stadt ist unter anderem Sitz des Ökumenischen Rats der Kirchen und des Lutherischen Weltbundes. Sie sind nach eigenen Angaben Frankreich-Liebhaber, sprechen französisch und schätzen an Genf die unmittelbare Nähe zum Nachbarland. Beide haben in Einhausen und in Schwanheim jeweils eine volle Pfarrstelle, in Genf wird es jeweils eine halbe sein.
Eine gute Zeit in Schwanheim und Einhausen
Aus den beiden Gemeinden im Dekanat Bergstraße verabschieden sie sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Einhausen war für mich die erste Pfarrstelle und die sechseinhalb Jahre waren eine gute Zeit“, sagt Pfarrerin Hildenbrand, der bei ihrem Dienstbeginn allerdings die Kirche abhandengekommen war. Sie musste nach einem verheerenden Brand erst wieder aufwändig saniert werden. An Einhausen schätzt sie, was Genf so nicht zu bieten hat: „Die Menschen hier kennen sich. Es gibt eine Verbundenheit über Generationen hinweg.“ Vor ihrem Dienst in Einhausen absolvierte Katrin Hildenbrand ihr Vikariat, die praktische Ausbildung zur Pfarrerin, in Eltville im Rheingau. Evangelische Theologie studierte sei in Bonn, Buenos Aires und Leipzig.
Auch für Christian Ferber gibt es keinen Grund, Schwanheim zu verlassen, aber viele gute Gründe nach Genf zu gehen. Es sei eine Chance, die sich nur einmal biete. „Wie lebendig die Gemeinde in Schwanheim ist und was sie alles auf die Beine stellt, habe ich erst jüngst wieder bei dem 200jährigen Jubiläum unserer Moller-Kirche erlebt und bewundert,“ sagt der Pfarrer, der in Heidelberg, Leipzig und Berlin Theologie studierte und im Anschluss Vikar in der Thomasgemeinde in Hofheim-Marxheim war. Von 2007 bis 2009 war er in der der Kirchengemeinde Biedenkopf tätig und dann Pfarrer der Stephanusgemeinde Bensheim. Ab Dezember 2016 koordinierte er als Leiter des Projektbüros „Reformation“ die Veranstaltungen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zum 500. Reformations-jubiläum, bis er Vertretungsdienste übernahm und dann im September 2020 Pfarrer in Schwanheim wurde.
Zunächst sechs Jahre Auslandsdienst
Die Deutsche Evangelische Gemeinde in Genf gilt als selbstbewusst und als anspruchsvoll. Im Auswahlverfahren, das nach Angaben des Pfarrer-Ehepaars „fast wie ein Examen“ war, setzen sie sich gegen zehn Mitbewerber durch. Ihre Dienstzeit in der Schweiz ist auf sechs Jahre begrenzt mit der Möglichkeit, um drei Jahren zu verlängern. Sie bleiben Pfarrer bzw. Pfarrerin der EKHN und sind für die Zeit ihres Auslandsdienstes beurlaubt. Unabhängig davon, ob sie nun sechs oder neun Jahre in Genf bleiben, sind sie nach Ansicht des Evangelischen Dekanats zu jeder Zeit in Hessen-Nassau wieder herzlich willkommen.
Pfarrerin Katrin Hildenbrand wird am 19. September um 10 Uhr in Einhausen verabschiedet; Pfarrer Christian Ferber ebenfalls am 19. September um 14 Uhr in Schwanheim.
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