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„Bergsträßer Rede“

„Weniger Vollmundigkeit und weniger Pathos wären angebracht“

© Michael RänkerCornelia Füllkrug-Weitzel.

„Während hierzulande behauptet wird, dass wir um unsere westlichen Werte kämpfen müssen, werden in der Folge genau diese Werte weltweit verletzt“, rief Prof. Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel bei der „Bergsträßer Rede“ über die Folgen des Ukraine-Kriegs die Politik zu „weniger Vollmundigkeit und weniger Pathos“ auf.

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„Der eigenen Ratlosigkeit Ausdruck zu verleihen, das wäre die beste Reaktion“, schreibt Prof. Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel westlichen Politikern angesichts des Ukraine-Kriegs ins Stammbuch – die Pfarrerin im Ruhestand und ehemalige Präsidentin des Werkes „Brot für die Welt“ sowie der Diakonie Katastrophenhilfe nutzte ihren Auftritt bei der diesjährigen „Bergsträßer Rede“, um nicht zuletzt auch an die Repräsentanten der deutschen Politik zu appellieren: „Weniger Vollmundigkeit und weniger Pathos wären angebracht“ – denn: „Während hierzulande behauptet wird, dass wir um unsere westlichen Werte kämpfen müssen, werden in der Folge genau diese Werte weltweit verletzt.“

Eine Zäsur

„Die globalen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs“, so lautete das Thema der „Bergsträßer Rede“, die von der Pfarrerin im Ruhestand in der Bensheimer Stephanusgemeinde auf Einladung des Evangelischen Dekanats Bergstraße vor rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörern gehalten wurde. Frau Füllkrug-Weitzel führte ihrem Publikum äußerst kenntnisreich und mit vielen Belegen vor Augen, welche dramatischen Folgen der Angriff Russlands auf die Ukraine nicht nur als „Zäsur in der europäischen und globalen Sicherheitspolitik“, sondern für die Menschen auf dem gesamten Globus hat: Das brutale Vorgehen Russlands de-legitimiere das Völkerrecht, inklusive des humanitären Völkerrechts – „und das mit unabsehbaren Folgen für die ‚Domestizierung‘ künftiger Kriege“.

Die Ärmsten leiden besonders

Zu der unmittelbaren humanitäre Notlage der Ukrainer komme nach Darstellung der Referentin die mittelbaren Auswirkungen des Krieges auf die humanitäre Lage von Flüchtlingen in anderen Regionen der Welt sowie auf die Welternährung. Die Wirtschaftssanktionen und die Energiekrise haben schließlich wirtschaftliche und soziale Folgen weltweit. Frau Füllkrug-Weitzel: „Und die Auswirkungen auf die Ärmsten sind am größten.“

Weil der Krieg in der Ukraine weltpolitische Aufmerksamkeit und militärische Kapazitäten binde, führe der „akute Waffen- und Energiehunger“ überdies zu neuen geostrategischen Prioritäten auf allen Seiten. Eine Folge sei die „Rekordunterfinanzierung der Flüchtlingshilfe weltweit“: „Die Geberländer streichen die Mittel für Entwicklungshilfe und investieren in die militärische Aufrüstung.“

Kollaterale Auswirkungen

Zu den „kollaterale Auswirkungen“ des Ukraine-Kriegs zähle auch, das andere - zum Teil „eingefrorene“ - Konflikte um die autonome Existenz kleinerer Länder wieder aufflammen, nannte Cornelia Füllkrug-Weitzel den Bergkarabach-Konflikt als ein Beispiel. Auch der Zeitpunkt des Angriffs der Terrororganisation Hamas auf Israel „ist nicht zufällig gewählt“. Insgesamt führe die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen zu globalen geopolitischen und geostrategischen Verschiebungen, „die das Gesicht der künftigen Weltpolitik und Konflikte gravierend verändern werden“.

Nicht die Moral bemühen

Bei allen Folgewirkungen des Krieges geht es nach Aussage von Frau Füllkrug-Weitzel immer auch um jene international verabredeten Werte wie Menschenrecht und Völkerrecht, „die die Europäische Union in der Ukraine verteidigen will“: „Es geht um die von der Völkergemeinschaft verabredeten Ziele, die auf diesen Werten aufbauen: die Sustainable Development Goals zur Bekämpfung von Hunger, Armut, sozialer Ungleichheit und internationaler Ungerechtigkeit.“ Vor diesem Hintergrund solle man im Westen „bitte nicht die Moral bemühen“ und die weltweiten Folgen des Ukraine-Kriegs ignorieren – die Kirchen wiederum forderte Prof. Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel dazu auf, „ihren Beitrag zum moralischen Abrüsten zu leisten“.

Unverzagter Glaube

Präses Ute Gölz, Vorsitzende des Dekanatssynodalvorstands im Evangelischen Dekanat Bergstraße, sowie Dekan Arno Kreh, dankten der mit einer großen Expertise ausgestatteten Rednerin für ihren Auftritt bei der „Bergsträßer Rede“, bei der alljährlich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Stellung zu brennenden Fragen der Zeit beziehen. „Ich habe kein Rezept gefunden, wie alles diese Probleme gelöst werden könnten“, verzichtete Prof. Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel auf Besserwisserei und Anklagen. „Jesus hat uns nicht versprochen, dass es eine leichte Veranstaltung wird, die Welt zum Guten zu verändern“, schloss die Pfarrerin im Ruhestand die „Bergsträßer Rede“ mit dem, was ihr persönlich Kraft gibt: „Ich glaube unverzagt an die Überwindung von Gewalt und Tod durch unsern Herrn Jesus Christus!“

Über die „Bergsträßer Rede“:

Das Evangelische Dekanat Bergstraße lädt einmal jährlich fachkundige Referentinnen oder Referenten zu brennenden Fragen der Zeit Stellung. „Kirche zwischen Krieg und Frieden“, so lautete das Thema im Jahr 2022, über das seinerzeit Sabine Müller-Langsdorf, Pfarrerin für Friedensarbeit im Zentrum Ökumene, gesprochen hat.

Über die Referentin Prof. Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel:

Pfarrerin Prof. Dr. h. c. Cornelia Füllkrug-Weitzel hat von 2000 bis 2020 die evangelischen Hilfswerke Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe geleitet, zunächst als Direktorin und ab 2012 als Präsidentin. In dem Jahr fusionierte das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland, zu dem Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe gehörten, mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst zum neuen Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. (EWDE) mit Sitz in Berlin.

Cornelia Füllkrug-Weitzel war maßgeblich an der Gründung und Etablierung des ersten weltweiten Netzwerks von Kirchen und kirchlichen Organisationen in den Bereichen Entwicklung und humanitäre Hilfe im Jahr 2010 beteiligt, der ACT Alliance (Action by Churches together), deren Moderatorin sie bis 2014 war. 2019 wurde sie bei der Mitgliederversammlung von ACT Alliance EU, der Vertretung der kirchlichen Entwicklungswerke in der EU am Sitz der EU in Brüssel zur Aufsichtsrats-Vorsitzenden gewählt. Außerdem arbeitete sie in verschiedenen Gremien des Ökumenischen Rates der Kirchen und des Lutherischen Weltbundes mit.

Bevor die ordinierte Pfarrerin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg Schlesische Oberlausitz und Politologin (MA) zu Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe kam, war sie Assistentin am Seminar für Evangelische Theologie der Freien Universität Berlin, hatte verschiedene Leitungsfunktionen beim Berliner Missionswerk inne, zuletzt von 1997 bis 1999 als stellvertretende Direktorin. Davor arbeitete sie als Referentin für Menschenrechte im Kirchenamt der EKD und im Referat Leitung des Berliner Missionswerkes.

Daneben hat sie berufsbegleitend in Berlin Lehraufträge an der Freien Universität, der Humboldt Universität, der Kirchlichen Hochschule und dem Wichern-Kolleg wahrgenommen. Zum 1. Januar 2020 wurde Cornelia Füllkrug-Weitzel von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg zur Honorarprofessorin berufen. Im September 2016 wurde sie von der Sam Higginbottom University (UATS), Allahabad, Indien, für ihr „bemerkenswertes Engagement für die Gesellschaft und für ihren vorbildlichen Dienst für den Herrn“ mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Im Jahr 2007 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihr gesellschaftliches Engagement. Sie war Mitglied der Fluchtursachenkommission der Bundesregierung und - in dessen letzter Amtsperiode -Mitglied des ‚Rates für Nachhaltige Entwicklung‘ (RNE) der Bundesregierung.

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